Kommentar der Woche: Menschenwürde? Nicht für Flüchtlinge!

Jürgen Aust

Die Proteste gegen die geplanten Flüchtlings-Zelte in DU-Walsum haben dazu geführt, dass die Verantwortlichen der Duisburger Politik zunächst einmal zum Rückzug geblasen haben. Denn Zeltlager für Flüchtlinge, wie man sie von Kriegsschauplätzen in Afghanistan oder Irak kennt, sollten in einem Land, das zu den reichsten der Welt zählt, eigentlich tabu sein. Dass Flüchtlingen aber trotzdem derartige Verhältnisse immer wieder zugemutet werden, hat in Deutschland und auch in Duisburg leider eine lange Tradition. So wurde die jahrzehntelange Asylpraxis, Flüchtlingen erheblich gekürzte Sozialleistungen zur Verfügung zu stellen, erst kürzlich vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, was aber nichts mehr daran ändern konnte, dass hundert tausende von Flüchtlingen in Deutschland jahrelang weit unterhalb des Existenzminimums leben mussten. Eine vergleichbar skandalöse Praxis bestand bei der sog. Abschiebehaft,

die tausende von Flüchtlingen nach negativem Ausgang ihres Asylverfahrens wochen- bzw. monatelang in normalen Haftanstalten mit Straftätern zusammenlegte. Die seit vielen Jahren dagegen erhobenen Proteste von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen wurde von der offiziellen Politik zynisch ausgesessen, bis auch hier das Bundesverfassungsgericht dieser Politik einen Riegel vorschob und sie für verfassungswidrig erklärte. An diesen beiden Beispielen, die nur die Spitze des Eisbergs darstellen, wird deutlich, mit welcher Arroganz und Kaltschnäuzigkeit die herrschende Politik mit Flüchtlingen umgeht, was auch seit vielen Jahren auf die Duisburger Politik zutrifft. Auch in Duisburg wurden die jahrelangen Proteste gegen die "Kasernierung" von Flüchtlingen in Sammelunterkünften und Forderungen nach menschenwürdigen Wohnungen von der damals alleinregierenden SPD einfach nicht nur Kenntnis genommen. Ebenso verhielt es sich mit der in Duisburg erfolgten Abschiebepraxis bei tausenden ehemaligen Flüchtlingen aus Bosnien, Serbien oder Kosovo, die trotz jahrelangem Aufenthalt massenhaft abgeschoben wurden. In dieser Tradition steht auch die erst kürzlich erfolgte Vertreibung von hunderten von Roma in DU-Bergheim, wo die Stadtspitze eine menschenwürdige Unterbringung lange Zeit ausgesessen hat, um dann plötzlich gegenüber hunderten von Menschen eine Zwangsräumung zu betreiben. Vor diesem Hintergrund sind zweifellos auch die aktuellen Auseinandersetzungen um die Flüchtlingsunterkünfte in Duisburg zu sehen. Obwohl seit langer Zeit bekannt war, dass von den weltweiten Kriegsschauplätzen wie Afghanisten, Syrien oder Irak verstärkt Menschen aus diesen Ländern nach Deutschland fliehen und aufgrund der landesweiten Verteilung auch Duisburg verpflichtet würde, größere Kontingente aufzunehmen, hat man erst einmal die Hände in den berühmten Schoß gelegt. Vorsorge hätte längst getroffen werden können, da zahlreiche Möglichkeiten wie z.B. das Barbara-Hospital in DU-Neumühl oder kirchliche Einrichtungen zur Verfügung gestanden hätten. Doch jetzt wundert man sich mal wieder in klassischer Manier über die breiten Proteste und gefällt sich erneut darin, die Kritiker wie z.B. den NRW-Flüchtlingsrat zu diffamieren, statt sich mit ihnen zu solidarisieren und zu akzeptieren, dass eine Kursänderung in der Duisburger Flüchtlingspolitik dringend erforderlich ist.